Es begann mit Kaffee und Kuchen. Einige Monate später sind aus vielen Gästen von damals motivierte Bewegungsfans und der eine und die andere Mitglied bei den fitten Füchsen in Berlin-Reinickendorf geworden. Wie geht das? Über das DOSB-Projekt „AUF (Aktiv und Fit) Leben“, das vom Bundesministerium für Familie , Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird.
An dem Projekt sind der LSB Berlin und Sportfachverbände beteiligt. Damit sollen ältere Beschäftigte in Betrieben zum Beispiel mit einem gezielten Sport- und Bewegungsangebot erreicht werden, sportartspezifische Angebote für die Zielgruppe unter gesundheitlichen Aspekten neu entwickelt werden. Natürlich geht es auch um neue Strukturen, etwa wie Vereine in Betrieben gesundheitsorientierten Sport professionell anbieten können. Nicht zuletzt geht es darum, Ressourcen zu sichern oder zu gewinnen: Vereine und Verbände suchen Ehrenamtliche. Vielleicht denken Vorruheständler und spätere Pensionäre gern über eine zweite Karriere im Verein nach, wenn sie durch Sport neu „aufleben“.
Die Füchse, die ihr neues Vereinsheim im Sportpark an der Kopenhagener Straße gebaut haben und dort nun umfangreichen Gesundheitssport anbieten, ließen sich vom LSB nicht zweimal bitten, als sie gefragt wurden, ob sie Kooperationspartner werden wollten. Und so kam es zu dem Kaffeeklatsch, der eigentlich eine Informationsveranstaltung war, mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Außenstelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in der Flottenstraße.
Gina Martin, seit über 30 Jahren Übungsleiterin und bei den Füchsen verantwortlich für das Gesundheitsprogramm, schien den richtigen Ton getroffen zu haben, denn von den 80 Interessierten kam gut die Hälfte regelmäßig zu den Kursen – und eine Reihe von ihnen sind oder werden als Mitglieder bleiben. „Nach einigen Anlaufschwierigkeiten hat sich das jetzt alles eingespielt“, berichtet sie.
Vor allem war die beiderseitige Ausgangsposition anders als erwartet. Wer dachte, da kommen alles Leute, die noch nie Sport getrieben haben, oder nur angehende Ruheständler, der wurde überrascht. „Es kamen auch Leute, die schon in Bewegung waren oder noch nicht in der Übergangsphase zur Rente sind“, sagt Gina Martin, die das Kursangebot entsprechend gestalten musste. Vorher war bei den potenziellen Teilnehmern im Amt schon nachgefragt worden, was sie gerne machen würden.
Für Karin Tuchel-Schrinner, Mitarbeiterin im Gesundheitsmanagement der Berliner Verwaltung, ist das Projekt gut gelaufen. „Wir haben hier sehr gute Voraussetzungen, die zum Sport animieren.“ Der dunkle Trainingsraum im Keller des Dienstgebäudes in der Flottenstraße „ist wenig attraktiv“. Da ist das neue, gut ausgestattete Vereinsheim nur fünf Gehminuten entfernt und es gibt genügend Parkplätze. Eine einladende Umgebung, wo man gern ins Schwitzen kommt.
Ganz abgesehen von dem großen Angebot, das alles umfasst, was ein großer Mehrspartenverein wie die Füchse mit rund 3000 Mitgliedern anbieten muss, um sich gegen die dichte Konkurrenz zu behaupten. Dass die Qualität des Angebots bei den Füchsen stimmt, belegt auch eine Zahl: Gerade mal ein halbes Jahr auf dem Markt ist das Gesundheitskonzept, das Gina Martin entwickelt hat, und schon konnten 120 neue Mitglieder registriert werden, die nicht nur wegen des Projekts, sondern wegen der Mund-zu-Mund-Propaganda zufriedener Kursteilnehmer in den Verein kamen und blieben.
Bei aller Begeisterung gibt es auch Probleme, räumt Gunnar Steeb ein, der das Projekt beim LSB betreut. „Man kann solche Projekte nicht 1:1 umsetzen, es muss individuell für die Kooperationspartner zugeschnitten werden. Durch Praxiserfahrung kann man Stärken und Schwächen herausfinden und korrigieren.“ Derzeit arbeitet der LSB mit sieben Unternehmen und der Senatsverwaltung zusammen.
Während in immer mehr Unternehmen Betriebssport und gesundheitsfördernde Sportangebote mit dem Kooperationspartner Verein als Präventivmaßnahme zur Unternehmensphilosophie gehören, gibt es aber auch noch Firmen, die gesundheitserhaltende Aktionen als Privatangelegenheit sehen - es fehlten die Zeit und/oder die Räumlichkeiten. Und manchmal auch die Lust. Aber immer mehr Arbeitnehmer/innen haben mittlerweile das verbriefte Recht, Sport zu treiben, sogar in ihrer Dienstzeit: Wer in der Senatsverwaltung arbeitet, dem steht eine Sportstunde pro Woche in der Dienstzeit zu. „Da lässt sich mancher eher bewegen, sich zu bewegen“ sagt Übungsleiterin Martin, die kein Problem sieht, Hierarchien oder Animositäten mit Sport zu überwinden. „Am Anfang ist das vielleicht etwas zickig, das gibt sich.“
Woran die 58-Jährige noch arbeitet: Wie man Ältere für Ehrenämter gewinnt, was auch ein Ziel des Projekts ist. „Soll ein Fest organisiert oder ein Kuchen gebacken werden, braucht man nicht lange zu bitten, aber ein Amt etwa im Vorstand – da sucht man oft vergeblich.“
Nicht lange suchen musste sie nach Senioren/innen, die ihren Olympiaauftritt wollen. „Mein größter Traum ist, im Olympiastadion mit meiner Truppe zur Eröffnungsfeier der Spiele etwas aufzuführen. Wir trainieren wie wild, hoffen, dass Berlin das Rennen macht.“ Das wäre in zehn oder 14 Jahren. Die Damen und Herren wären dann 80 plus! Nix mit Kaffeeklatsch. Da müssen die angehenden Rentner/innen von heute und die von morgen im Sinne des Projekt-Mottos alles tun, um nicht nur für den Tag X fit und vital zu sein.
Vereine, die sich an dem Projekt zur betrieblichen Gesundheitsförderung beteiligen möchten, können sich bei Gunnar Steeb melden: gsteeb@lsb-berlin.de
Von Bianka Schreiber-Rietig