Dank seiner vielseitigen Angebote im Reha- und Gesundheitssport kann der Behinderten-Sportverband Berlin (BSB), der in ein paar Wochen seit 60-jähriges Bestehen feiert, auf enorme Zuwächse in der jüngsten Vergangenheit zurückblicken. Waren es 2005 noch 11 916 Mitglieder, so sind es jetzt, wie Geschäftsführer Klaas Brose erfreut konstatiert, bereits 24 080, also die doppelte Anzahl. Nicht weniger imponierend allerdings die Entwicklung im Leistungssport, was im Hinblick auf die Teilnehmer an den Paralympics in London doch einige Erwartungen zulässt, ganz abgesehen von den drei demnächst in Berlin anstehenden Internationalen Deutschen Meisterschaften im Schwimmen, der Leichtathletik und im Segeln anstehen sowie den German Open im Rollstuhl-Tennis..
Besonders positiv stellt sich aber auch die Situation im Fußball dar, wo erstmals im letzten Sommer eine Berliner Meisterschaft stattfand, nachdem zuvor eine Liga für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung und seelischer Erkrankung ins Leben gerufen wurde, die eine hervorragende Unterstützung durch das Behinderten-freundliche Scandic-Hotel am Potsdamer Platz erfuhr, das gleichzeitig als Namens-Patron fungiert.
Wie Verbandstrainer Michael Kürten erklärt, nehmen derzeit die fünf stärksten Mannschaften an der Scandic ID-Verbandsliga teil, die auch den Titelträger ermittelt. Dabei handelt es sich um die Berliner Werkstätten für Behinderte (BWB), Reha Ost, einen Verein der Lichtenberger Werkstätten, die Union Sozialer Einrichtungen (USE), SG Handikap, und ngb-Kicker Albatros. Außerdem gibt es darunter noch zwei Landesligen zu je sieben Teams, die um den Aufstieg in die höhere Klasse kämpfen. Gespielt wird in Turnierform auf Kleinfeldern, jeweils auf dem Körner-Platz im Olympiapark, wobei stets zwei oder drei Begegnungen pro Vertretung von zweimal 15 Minuten auf dem Programm stehen.
Der erste Verbandsliga-Sieger, der 2011 ermittelt wurde, heißt BWB. Am letzten Spieltag der vergangenen Saison bezwang er überraschend hoch mit 6:0 die bis dahin führende USE-Mannschaft, der schon ein Unentschieden zum Titelgewinn gereicht hätte. "Es freut mich ungemein, dass es uns gelungen ist, einen ganz normalen Spielbetrieb aufzubauen, wobei wir uns natürlich über die Hilfestellung und Unterstützung des Berliner Fußball-Verbandes sehr glücklich schätzen, denn uns bleibt ohnehin noch viel Arbeit in punkto Logistik", meinte Brose, denn es müssen Zelte zum Umkleiden aufgestellt, Sitzgelegenheiten hergeschafft, Getränke und Obst zur Verfügung gestellt werden. Schließlich soll alles halbwegs professionell vonstatten gehen. Dazu gehören inzwischen auch ein Pass- und Meldewesen sowie die Schiedsrichter-Ansetzungen. Am 30.März wurde übrigens der durch die Winterpause unterbrochene Spielbetrieb in Berlin wieder aufgenommen, der dann im Juni endet.
Es gibt auch eine Deutsche Meisterschaft der Werkstätten für Behinderte, die im letzten Jahr in Duisburg von der Berliner Vertretung aus Lichtenberg mit 3:2 Toren gegen den Finalisten aus Stralsund gewonnen wurde. Den Pokal überreichte die ehemalige Frauen-Nationaltrainerin Tina Theune, die anschließend befand: "Es ist toll zu sehen, auf welchem Niveau hier gespielt wird." An der Eröffnungsfeier hatten auch die beiden Stiftungskuratoren Dr. Klaus Kinkel und Otto Rehhagel teilgenommen, wobei der inzwischen bei Hertha BSWC angeheuerte Trainer meinte, dass er in seinem Leben zu 95 Prozent viel Glück gehabt habe und dass er gern die Gelegenheit nutze, um etwas an die Gemeinschaft zurückzugeben.
Für die besten Spieler des Landes besteht übrigens auch die Chance, sich für die deutsche Nationalmannschaft der Behinderten zu empfehlen, denn es gibt sowohl eine Welt- als auch Europameisterschaft. Die diesjährige EM findet im Juni in Schweden statt - und ein Spieler aus Berlin wird mit Bestimmtheit dabei sein.
Fußball bildet auch für Menschen mit Behinderung einen ganz besonderen Anziehungspunkt, so Verbandstrainer Kürten, der sich mit Brose darin einig ist, dass es eine gute Idee war, im Herbst 2010 offiziell einen richtigen Liga-Spielbetrieb in Berlin mit Auf- und Abstieg zu installieren, denn das Interesse war groß genug. Letztendlich muss es auch die Aufgabe des Behinderten-Sportverbandes sein, ein möglichst umfangreiches Angebot für Menschen mit Beeinträchtigungen sowohl körperlicher als auch geistiger Art zu unterbreiten, wobei auch Sehbehinderte und Blinde eingeschlossen sind.
Die Statistik besagt, dass etwa drei Prozent der 3,5 Millionen Berliner unter irgendeiner Störung zu leiden haben. Ihnen zu helfen, Kraft und Freude durch den Sport zu vermitteln, ist eine lohnenswerte Sache. Durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit erhoffen sich die Veranstalter, größere Aufmerksamkeit zu erlangen. Wenn am 16. Juni die Entscheidung im Fußball darüber fällt, wer diesmal Berliner Meister wird, dann wünschte sich Brose, dass auch der eine oder andere Profi von Hertha BSC mal vorbeischaut, um ein gutes Beispiel in punkto Integration zugeben so wie das beim letzten Mal der Scandic-Hotelmanager Robert Schmiel getan hat, der mit seinem Vertriebsleiter Urkunden und Pokale überreichte.
Mit jedem Training, so stellte Kürten fest, verbessert sich das Leistungsniveau. Und vielleicht kommt eines Tages auch eine weibliche Liga zustande, bisher gibt es mit "Frau am Ball" bereits ein Team.