Minderheitenbegehren (§ 37 BGB)
Das Gesetz gibt in § 37 BGB einer Minderheit von Vereinsmitgliedern das Recht, die Einberufung einer Mitgliederversammlung (meist als außerordentliche Mitgliederversammlung bezeichnet) zu verlangen und sie auch gegen den Willen des Einberufungsorgans (normalerweise der Vorstand) zu erzwingen. Dieses Recht kann durch die Satzung nicht ausgeschlossen werden.
Die Satzung kann aber bestimmen, wie groß der Teil der Mitglieder sein muss, um dieses Recht in Anspruch nehmen zu können. Der Anteil darf aber nur so groß bemessen werden, dass er noch immer eine Minderheit der Mitglieder bedeutet, also keinesfalls größer festgesetzt werden als auf die Hälfte der Mitglieder. Die Satzung soll den Maßstab für die Berechnung der erforderlichen Zahl von Mitgliedern so wählen, dass der Minderheitsschutz nicht nur zum Zeitpunkt der Vereinsgründung gewährleistet ist, sondern auch dann, wenn später evtl. mehr oder weniger Mitglieder dem Verein angehören. Es ist daher ratsam, wenn die Satzung nicht einer festen Zahl von Mitgliedern das Minderheitsrecht einräumt, sondern einen bestimmten Prozentsatz bestimmt.
Enthält die Satzung über das Minderheitsrecht überhaupt keine Bestimmung, dann gilt das Gesetz, das einem Zehntel (10%) aller Mitglieder (nicht nur der Stimmberechtigten) das besprochene Recht gibt (§ 37 BGB). Die Satzung kann jedoch den Bruchteil auch kleiner festsetzen und damit das Minderheitsrecht großzügiger gestalten, als es vom Gesetz gefordert wird. Maßgebend für die Berechnung der Zahl von Mitgliedern, die das Minderheitsrecht haben, ist der Mitgliederstand zu dem Zeitpunkt, an dem das Verlangen beim Vorstand eingeht. Bei der Berechnung der erforderlichen Minderheit zählen alle Vereinsmitglieder mit, die das Recht haben, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen, also auch die nicht stimmberechtigten Mitglieder (z.B. außerordentliche Mitglieder, Jugendmitglieder usw.). Auch diese dürfen das Minderheitsverlangen durch ihre Unterschrift unterstützen - bei Jugendlichen allerdings nur die Eltern (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 11. Auflage, RZ 1178 und Sauter/Schweyer, Der eingetragenen Verein, 18. Auflage, RZ 160).
Eine Satzungspassage, in der sich der Prozentsatz der Minderheit nur auf die stimmberechtigten Mitglieder bezieht, ist demnach falsch und somit nicht eintragungsfähig. Die nicht stimmberechtigten Mitglieder zählen also mit (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 28.5.2013, Az. I-3 Wx 43/13).
Bestehen Zweifel über die Gesamtzahl der Mitglieder, dann muss im Streitfall der Verein/Vorstand (nicht die Minderheit) beweisen, wie viele Mitglieder der Verein hat.
Wenn die satzungsmäßige oder die gesetzliche Minderheit die Einberufung einer Mitgliederversammlung durchsetzen will, muss sie ihr Verlangen zunächst innerhalb des Vereins geltend machen und den Antrag an den Vorstand richten.
Das Verlangen muss schriftlich gestellt werden. Die Minderheitsangehörigen können ihr Verlangen einzeln erheben oder, was zweckmäßiger ist, in einem von allen unterschriebenen Antrag.
Vorsorglich sollten die Initiatoren des Begehrens gleich zwei Listen unterschreiben lassen - eine für den Vereinsvorstand und eine vorsorglich für das Amtsgericht (Muster siehe unten).
Eine Ausfertigung dieses Antrags reicht der Bevollmächtigte der Minderheit beim Vorstand ein, die zweite behält er, da es nämlich schon vorgekommen ist, dass der Vorstand den an ihn gerichteten Antrag (inkl. Unterschriftenliste bzw. Vollmachten) für einen evtl. später erforderlichen Antrag bei Gericht nicht mehr zurückgegeben hat, und es dann Schwierigkeiten gab, die Korrektheit des Antrages bei Gericht nachzuweisen.
Bei der Formulierung des Antrags an den Vorstand ist streng darauf zu achten, dass er den vom Gesetz geforderten Inhalt hat:
- Es müssen die Gründe angegeben werden, die die Minderheit bewogen hat, eine (außerordentliche) Mitgliederversammlung zu beantragen
- Der Antrag muss den beabsichtigten Zweck der Mitgliederversammlung eindeutig erkennen lassen, also welche Beschlüsse gefasst werden sollen. Es empfiehlt sich daher, diesen Zweck gleich als Tagesordnungspunkt(e) zu formulieren.
Der Vorstand ist nur dann verpflichtet, dem Verlangen der Minderheit zu entsprechen, wenn diese Angaben eindeutig formuliert sind. Obliegt die Beschlussfassung über die Einberufung der Mitgliederversammlung, wie regelmäßig, dem Vorstand, so genügt es, wenn der Antrag einem Vorstandsmitglied zugeht (§ 28 Abs. 2 BGB). Nachdem der Antrag beim Vorstand eingereicht wurde, können keine weiteren Anträge zur Tagesordnung gestellt werden – lediglich über ein weiteres, zusätzliches Minderheitsverlangen in der gleichen Form. Andererseits kann es auch vorkommen, dass der Vorstand an sich bereit ist, die Mitgliederversammlung einzuberufen, sich aber weigert, einen bestimmten Tagesordnungspunkt zu akzeptieren (z.B. bei einem Misstrauensantrag). In diesem Fall kann die Minderheit über das gleiche Verfahren ebenfalls verlangen, dass dieser Punkt in der Tagesordnung verbleibt.
Umstritten ist in der Rechtsprechung immer noch die Frage, ob der Vorstand das Recht hat, den Antrag der Minderheit insgesamt abzulehnen, wenn er ihn für unbegründet hält, oder ob er sozusagen automatisch verpflichtet ist, die Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn der Antrag die formellen gesetzlichen Voraussetzungen (Mindestzahl von Mitgliedern, Angabe von Zweck und Gründen) erfüllt.
Will man dem gesetzlich garantierten Minderheitsschutz nicht wesentlichen Abbruch tun, dann muss der Minderheit das Recht zustehen, auch ein objektiv unbegründetes Anliegen der Mitgliederversammlung zu unterbreiten. Andererseits findet der gesetzliche Minderheitsschutz dort seine Grenze, wo er dazu benützt werden soll, offensichtlichem Rechtsmissbrauch Vorschub zu leisten. In diesem Fall wird man dem Vorstand das Recht zugestehen müssen, sich einem Verlangen der Minderheit zu widersetzen.
Wenn es der Minderheit nicht gelungen ist, auf dem dargestellten vereinsinternen Weg die Einberufung einer Mitgliederversammlung mit der gewünschten Tagesordnung zu erreichen, hat sie die Möglichkeit, beim zuständigen Amtsgericht den Antrag zu stellen, sie zu ermächtigen, die Mitgliederversammlung selbst einzuberufen. Sinnvoll ist es daher, vorausschauend zwei Listen unterschreiben zu lassen (siehe unten). Das Amtsgericht akzeptiert nur Unterschriftenlisten mit der vollständigen Anschrift der Unterzeichner. Vereinsmitglieder, die unterschrieben haben, deren Adresse aber fehlt, werden nicht mitgezählt!
Der Rechtspfleger muss zunächst zu dem Antrag den Vereinsvorstand hören, soweit dies möglich ist. Die Anhörung des Vorstands muss auch dann erfolgen, wenn der Rechtspfleger beabsichtigt, den Antrag der Minderheit abzulehnen. Die Anhörung darf nur unterbleiben, wenn sie aus Gründen, die der Vorstand selbst zu vertreten hat, oder die in seiner Person liegen, nicht möglich ist. Das könnte der Fall sein, wenn der gesamte Vorstand nicht erreichbar ist, weil er sich mit unbekanntem Ziel im Urlaub befindet. Der Rechtspfleger prüft, ob dieselben Mitglieder, die beim Amtsgericht den Antrag gestellt haben, zuvor vom Vorstand vergeblich die Einberufung der Mitgliederversammlung verlangt hatten. Wenn die Mitglieder, die die Minderheit bilden, nicht persönlich beim Amtsgericht vorstellig werden (was auch nicht üblich ist), dann müssen diese eine oder mehre Personen, die das übernommen haben, bevollmächtigen. Ferner muss das Amtsgericht feststellen, ob die Antragsteller die erforderliche Minderheit darstellen. Die Mindestzahl muss zu dem Zeitpunkt, an dem das Gericht die Ermächtigung erteilt, noch gegeben sein. Um die Mindestzahl zu errechnen, muss der Rechtspfleger wissen, wie viele Mitglieder der Verein hat. Diese Kenntnis kann er sich dadurch verschaffen, dass er vom Vorstand eine Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder verlangt (§ 72 BGB). Notfalls muss der Vorstand durch Zwangsgeld (§ 78 Abs. 1 BGB) zur Vorlage dieser Bescheinigung angehalten werden.
Die Anträge auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung könnten sinngemäß so lauten:
- an den Vereinsvorstand
- an das Amtsgericht
_________________________________________________________
An den Vorstand des Vereins ...........................
(Adresse)
Ort, Datum
Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung durch eine Minderheit (§ 37 BGB)
Entsprechend § .... der Satzung / § 37 BGB stellt hiermit die erforderliche Anzahl von Mitgliedern unter Berücksichtigung der Ladungsfristen nach § .... der Satzung bis spätestens zum .................. den Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung
Grund für die Einberufung:
(Hier muss erläutert werden, was von der Mitgliedschaft bemängelt / beanstandet wird - z.B. Untätigkeit des Vorstandes oder nichterfolgte Vorstandswahl)
Zweck der Mitgliederversammlung soll sein:
(Hier erläutern, worüber die MV beschließen soll (z.B. Abwahl und Neuwahl des Vorstandes oder einzelner Vorstandsmitglieder). Günstig ist, gleich eine Tagesordnung festzulegen)
Die Voraussetzungen für ein Minderheitenbegehren gem. § ... der Satzung / § 37 BGB sind erfüllt, insbesondere ist die Quote der erforderlichen Anzahl von ... % der Mitglieder nachgewiesen.
Wir bitten den Eingang dieses Schreibens zu bestätigen und den Termin der Mitgliederversammlung bis zum ... mitzuteilen.
Sollten Sie diesem Begehren nicht nachkommen, weisen wir bereits jetzt vorsorglich darauf hin, dass wir für diesen Fall den Antrag nach § 37 BGB an das Amtsgericht ... stellen werden.
Die Unterzeichner bevollmächtigen
Herrn/Frau ............................ wohnhaft: ........................... Geb-Datum: ......................
ihre Interessen gegenüber dem Verein wahrzunehmen.
Name, Vorname, Postanschrift ...................................... (Unterschrift)
Name, Vorname, Postanschrift ...................................... (Unterschrift)
usw.
________________________________________________________
An das Amtsgericht ...........................
(Adresse)
Ort, Datum
Antrag auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung
Die unterzeichneten Mitglieder des Vereins …………. haben am …….. an den Vorstand das schriftliche Verlangen gestellt, bis zum …….. eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen (siehe beigefügte Kopie des Verlangens). Da der Vorstand diesem Verlangen nicht nachgekommen ist, beantragen die Unterzeichneten sie zu bevollmächtigen, selbst die Mitgliederversammlung einzuberufen.
Die Unterzeichneten stellen daher den Antrag an das Gericht, sie entsprechend § .... der Satzung des Vereins .........................., Register-Nr: .............., / § 37 BGB unter Berücksichtigung der Ladungsfristen nach § .... der Satzung zu bevollmächtigen, bis spätestens zum .................. eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen.
Grund für die Einberufung:
(Hier muss erläutert werden, was von der Mitgliedschaft bemängelt / beanstandet wird)
Zweck der Mitgliederversammlung soll sein:
(Hier erläutern, worüber die MV beschließen soll (z.B. Abwahl und Neuwahl des Vorstandes oder einzelner Vorstandsmitglieder). Günstig ist, gleich eine Tagesordnung festzulegen. Grund und Zweck müssen identisch sein mit dem Antrag an den Verein)
Nach unserem Wissen besteht der Verein derzeit aus …. Mitgliedern, so dass die …. unterzeichneten Mitglieder die erforderliche Minderheit nach § … der Satzung / § 37 BGB darstellen.
Die Unterzeichner bevollmächtigen
Herrn/Frau ............................ wohnhaft: ........................... Geb-Datum: ......................
ihre Interessen gegenüber dem Verein wahrzunehmen und den Antrag auf Ermächtigung zur Einberufung der Mitgliederversammlung beim Amtsgericht zu stellen.
Name, Vorname, Postanschrift ...................................... (Unterschrift)
Name, Vorname, Postanschrift ...................................... (Unterschrift)
usw.